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Von unfairen Arbeitgebern und unbezahlten Überstunden

Minimalistenfreun.de - Themenwoche Arbeit

Arbeit und Geld

Im Prinzip sollte doch ein jeder, egal was er arbeitet, mit der gleichen Arbeitszeit oder dem gleichen Aufwand wie ein anderer genug Geld zum Leben haben. Das Genug ist natürlich eine sehr individuelle Frage, aber sieht man sich zum Beispiel die Bestimmungen zu HartzIV an, ist es dem Staat offensichtlich möglich, einen alle-gleich-machenden Ansatz zu finden.  Ca. 1,37 € monatlich für Bildung, hurra! Auf dieses Thema werde ich gar nicht genauer eingehen, sondern nur folgende These in den Raum stellen: Jeder 40-Stunden-Erwerbstätige sollte von seinen Einnahmen normal leben können. Eine sehr pauschale These, ohne Frage, aber ich denke, was ich meine, ist verständlich.


Nur ist dem leider nicht so. Mindest-Stundenlöhne können durch diverse Tricks umgangen werden, Überstunden, oft unbezahlt und auch nicht anderweitig ausgeglichen, stehen an der Tagesordnung, Wochenend-Arbeit wird zusätzlich gefordert, etc etc.
Ich habe im letzten Jahr in meinem Umfeld dermaßen viel Mist mitbekommen und immens viel Wut aufgebaut, dass ich heute darüber schreiben möchte. Und dies alles passierte in einer Branche, die eigentlich nicht zu den schlecht bezahltesten gehört oder zu denen, wo qualifizierte Arbeitnehmer auf den Bäumen wachsen…

Arbeit und Fairness

Beispiele gefällig? In Firma A gibt es ein Vergütungsmodell, bestehend aus einem Basisgehalt (unter Mindestlohn), das durch „leistungsbezogene Prämien“ monatlich aufgestockt wird – je nachdem, wieviel an und für Kundenprojekte gearbeitet wird. Soweit, so gut. Allerdings wird jedes Projekt von vornherein so schlecht kalkuliert und es werden von Seiten der Geschäftsführung so viele Fehler gemacht, dass der Angestellte sich selbst mit regelmäßigen Überstunden und Wochenendarbeit gerade einmal auf Branchen-Minimalstgehalt hieven kann. In dieser Firma herrscht auch eine Fluktuation von über 50% der Mitarbeiter jährlich. Und das geht seit 20 Jahren so. Nichts davon weiß der potentielle Arbeitnehmer beim Vorstellungsgespräch und die Geschäftsführung zerstört so munter Leben und Lebensläufe, ohne je dafür belangt zu werden.

Man denkt, es geht nicht schlimmer, aber siehe da, Firma B schafft es, dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen. Im Arbeitsvertrag steht Gleitzeit. Auf einmal soll man aber bitte um Punkt 8 Uhr da sein und muss sich von der rechten Hand der Geschäftsführung deswegen zurechtweisen lassen. Trotz regulärer 40-Stunden-Woche geht auch keiner der Angestellten vor 18 Uhr, und wer seine Mittagspause wahrnimmt und zu diesem Zwecke gar die Firma verlässt, wird sehr schief angeguckt.
Leistet man sich eine attestierte Grippe, hat man am ersten Tag der Krankmeldung nachmittags die Kündigung im Briefkasten. Persönlich eingeworfen. Sucht man im Anschluss das Gespräch mit der Geschäftsführung, wird einem angeboten, die Kündigung zurückzuziehen, sollte man denn fleißiger arbeiten, sprich, mehr unbezahlte Überstunden machen. Sorry, aber what the fuck?! – und das sind keine Beispiele aus einem Niedriglohnsektor o.ä., sondern aus dem sogenannten „akademischen Umfeld“.

Kleine, inhabergeführte Unternehmen stehen seitdem, definitv zu Unrecht für viele faire Arbeitgeber, auf meiner „never work here“-Liste. Gewachsene Strukturen, eine Mindestzahl an Arbeitnehmern, die auch einen Betriebsrat gründen könnten und positive Resonanz auf der Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu.de sind Bedingung.
Wehren kann man sich als Arbeitnehmer gegen die oben genannten Verstöße gegen das Arbeitsrecht oder einfach nur die menschliche Moral nämlich kaum. Seit Ende des vergangenen Jahres bin ich auch einer Gewerkschaft beigetreten und bin gespannt, was 2017 in dieser Hinsicht bringt – ich werde mich hier weiter informieren und engagieren und über meinen Weg berichten.
Versteht mich nicht falsch – zu fairen Bedingungen in einem angenehmen Umfeld arbeite ich nämlich tatsächlich gerne ;)

Selbstständigkeit als Lösung?

Als „Irgendwas mit Medien“-Mensch könnte ich mich ja auch selbstständig machen. Auf minimaler Basis bin ich das bereits, allerdings nur nebenbei, denn gerade bei der Selbstständigkeit ist nicht alles Gold, was glänzt. „Frei“ ist man dabei auch nur, wenn man es sich leisten kann, bestimmte Kunden und damit verknüpfte Bedingungen ausschlagen zu können. Gerade zu Anfang muss man auch seine Ansprüche auf ein Minimum herunterschrauben – eigentlich ist also das Ende des Studiums ideal, um direkt einzusteigen, denn da hat man meist eh noch keine übersteigerten Ansprüche. Yeah, Minimalistenvorteil! ;)
Bei mir steht dieser Übergang im März an – bis dahin muss ich mir noch klar werden, was ich will, kann, muss. Durch intensive Gespräche mit einer Freundin, die selbstständig ist und die ich auch dazu gewinnen konnte, ein paar Tipps mit uns zu teilen, stehen sehr viele Punkte auf meiner „Zu bedenken“-Liste. Krankenversicherung, Rente, Steuerberater und mehr – als Selbstständiger reicht es nicht, sich sein Netto-Wunschgehalt zu erarbeiten, es hängt ein Rattenschwanz an unglaublich teuren Verpflichtungen daran, die bei einem Angestellten-Job der Arbeitgeber komplett trägt.

Zum Abschluss noch ein kleiner Filmtipp:

Wie seht ihr das ganze Thema? Hattet ihr Glück mit eurem Arbeitgeber (…ihr könnt gerne auch anonym kommentieren ;) ), seid ihr zufrieden?
Entspricht das Gehalt der Leistung, reicht es zum Leben? Und, obwohl im Post gar nicht ansprochen: Geld vs. Freizeit – was gewinnt bei euch?
Ich bin gespann
t!

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2 Kommentare

  1. Ich habe einen Verdienst knapp über Mindestlohn, komme aber gut zurecht. Das Jobs bei denen es eine 7 Tage-Woche gibt meist schlecht entlohnt werden, liegt eher am allgemeinen Gefüge, weniger an meiner Chefin. Als Minimalistin komme ich glänzend mit meinem Gehalt aus, wie das wird wenn es demnächst krankheitsbedingt zu Krankengeld wird, muss ich noch abwarten.
    Ich glaube nicht, dass Menschen früher mit nur 3 Std Arbeit ausgekommen sind, da musste das Mamut ja nicht nur gejagt werden, sondern auch verarbeitet, denn man brauchte für den Nächsten Winter auch noch Kleidung, vielleicht ein neues Zelt, oder Werkzeuge usw und auch dort wurde ja oft mehr als für den eigenen Bedarf produziert, damit man was zum tauchen hatte. Tja und heute tauschen wir halt das erarbeitete Geld gegen Waren- eigentlich hat sich soviel nicht geändert, außer dass Handel,Industrie und Freizeitindustrie uns suggerieren, dass unser Bedarf ja ständig wächst und wir deshalb ach immer mehr Geld zum Kaufen brauchen. Zumdem orientieren sich die heutigen Arbeitszeiten natürlich nicht an den natürlichen Gegebenheiten und Bedürfnissen- eigentlich würde doch jeder gern in die Winterruhe gehen und dann weniger arbeiten-

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    • Klar, da gebe ich dir absolut Recht mit der Winterruhe :D wobei ja jetzt langsam wieder der Frühling kommt… :)
      Mir ging es auch gar nicht darum, auszudrücken, dass man weniger arbeiten sollte oder mehr Geld bräuchte – das ist ohnehin individuell – es steht nur oft in keinem gesunden Verhältnis mehr, wie die genannten Beispiele, denke ich, gut zeigen.

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