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Der ewige Vergleich

Wir sehen uns quasi ununterbrochen mit ihm konfrontiert und haben ihn wahrscheinlich schon längst in unserem Alltag etabliert: den Vergleich.
„Jemand anderes bekommt mehr Gehalt.“ „Jemand anderes hat eine größere Wohnung.“ „Jemand anderes fährt drei mal im Jahr in den Urlaub.“ Und ich? Ich habe das alles nicht. Weniger Geld, kleinere Wohnung, kein Urlaub.
Schon im Kindesalter geht es los: „Die Noten deiner Klassenkameraden waren besser! Streng dich mehr an!“ Oder schmerzhafte Sätze wie: „XY ist immer so gut in allem, ich wünschte du wärst auch so!“
Vergleiche sollten eigentlich dazu dienen, uns zu motivieren… so zumindest die Intention dahinter. Doch das tun sie bei vielen einfach nicht. Stattdessen scheinen sie uns nur zu zeigen, wie schlecht wir im Vergleich zu anderen sind. Irgendjemand ist immer besser. In allem. Und das tut weh. Und es scheint nie aufzuhören mit den Vergleichen. Sie sind überall. Und irgendwann führt und das ewige Vergleichen zur Paradedisziplin einer ganzen Nation (wie es manchmal scheint).

Das Meckern. Meckern über zu wenig Geld, Wohnfläche und Urlaub. Und auch das Meckern tut uns nicht gut. Es macht uns auf Dauer mürrisch und neidisch auf alles und jeden.
Also genau das Gegenteil von dem was man eigentlich erreichen will; wir werden nicht besser sondern nur immer mehr verbittert.

Auch die „Minimalisten“ kennen diese Prozesse. Nur in umgekehrter Weise.
„Jemand hat noch weniger Dinge als ich. Er ist ein besserer, ernsthafterer Minimalist.“
Anstatt mich aber nun ebenfalls in Selbstmitleid und Gemaule zu ergehen, möchte ich euch meine Sicht auf diesen Teufelskreis beschreiben.
Wie in jedem Teufelskreis ist es schwierig, einen Ausstiegspunkt zu finden oder überhaupt erst einmal zu realisieren, dass man in einem ebensolchen festhängt.
Warum vergleichen wir also ständig? Haben wir etwa bereits einen Automatismus gebildet, der uns von Kindheit an diktiert, alles und jeden mit uns und unseren Fähigkeiten und Besitztümern zu vergleichen? Viele von uns macht es, wie mich auch, sicherlich sehr unglücklich.
Vielleicht ergeht es euch wie mir und ein ganz konkreter verbaler Shitstorm oder ein hinter vorgehaltener Hand geflüstertes „Die hat ja garnichts drauf!“ haben euch so etwas wie einen Todesstoß versetzt. Zweifel beginnen an einem zu nagen. „Die anderen halten mich für talentlos… bin ich wirklich talentlos? Tatsächlich, ich bin ja garnicht so gut wie die anderen.“
Man beginnt automatisch sich mit anderen Menschen auf der ganzen Welt zu vergleichen und schon nach kurzer Zeit scheint man festzustellen: es gibt so unglaublich viele, die viel besser sind als ich. Sie üben ihren Beruf viel besser und scheinbar ohne große Mühe und ganz unglaublich krativ aus. Man fragt sich: warum kann ich es nicht so gut wie die alle? Langsam aber sicher schleicht sich der ewige Vergleich in den Kopf und dort sitzt er dann und redet einem ein, man ist nicht gut genug… schau dir die anderen an, sie sind alle besser als du!
Und dann macht einen dieses (angebliche) Wissen um die eigene Unfähigkeit kaputt. Herzlichen Glückwunsch! Man ist erflogreich im Teufelskreis des ewigen Vergleichs angekommen.

Aber eben diese Erkenntnis ist das erste, kleine Schlupfloch durch das wir dem Teufelskreis entfliehen können. Vielleicht hilft ein gezieltes Nachdenken über Vergleichssituationen. Was und in welchen Situationen vergleicht man denn überhaupt?
Nehmen wir uns Maya Angelous Zitat zu Herzen:

If you don’t like something, change it.
If you can’t change it, change your attitude.

Für mich zumindest trifft dieses Zitat den Kern des Vergleichs-Problems. Und wenn ich so darüber nachdenke, dann enthält es zugleich auch die Lösung. Ich vergleiche mich mit anderen und stelle fest: sie können etwas besser. Was hält mich davon ab das auch zu lernen? Tu es!
Und wenn ich dann eben das Level anderer Leute nicht erreichen kann, muss ich mich fragen: muss ich das überhaupt? Nein, muss ich nicht! Ich muss nicht immer besser, schöner und schneller als alle anderen sein.
Dieses Dogma sollten wir langsam aber sicher kritisch hinterfragen und es durch eine individuelle Einstellung ersetzen.

Wir müssen nicht immer schöner, schneller, besser sein. Wir sollten nur einfach die beste Version von uns selbst sein… und nicht die beste Version von jemand anderem.

8 Kommentare

  1. Bei mir triffst du gerade auch voll ins Schwarze. Meine Eltern haben mich tatsächlich immer mit anderen Kindern verglichen und ich hatte dadurch das Gefühl, es ihnen nie recht machen zu können, egal, wie sehr ich mich auch anstrenge. Darunter habe ich immer gelitten und tue es zuweilen immer noch.
    Allerdings, so dachte ich zumindest, hat sich das irgendwann so ausgewirkt, dass mir egal war, was andere denken und haben und können… Damit ging es mir auch sehr viel besser, ich fühlte mich einfach ausgeglichen und ohne Druck, etwas ändern zu müssen und eine Weiterentwicklung hat sich von ganz alleine eingestellt, obwohl die nicht mehr im Vordergrund stand.

    Aber ab und an kommt leider immer noch ein Dämpfer von außen, wenn einen Menschen, die einem wichtig sind, mit anderen vergleichen. Und ich vergleiche tatsächlich auch meinen Erfolg beim Minimalisieren oder einer Challenge oder fürchte aktuell, dass ich gesundheitlich bedingt einem beruflichen Vergleich nicht Stand halten und so aufs Abstellgleis geraten könnte, an eine neue Partnerschaft ist nicht mal zu denken…
    Doch sind es nicht die anderen, die mich stressen, sondern bin ich es selbst, die sich das zu Herzen nimmt und meint, mithalten zu müssen, um geschätzt zu werden.

    Und wieder bin ich an dem Punkt, an dem ich mir denke, mein eigenes Wohlbefinden sollte mir wichtiger sein als die Wertschätzung anderer unter solchen Aspekten. In erster Linie muss ich mich selbst schätzen. Auch dann noch, wenn ich mal einen Gang zurück schalte.
    So weit zumindest die Theorie. ;) Mal sehen, wie ich das in der Praxis umsetzen kann.

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  2. Ich setze meine Piroritäten PUNKT
    Ich habe mich für XY entschieden PUNKT
    Wenn ich mir das vor Augen halte, schaffe ich es, mich aus dem Vergleich ganz gut rauszuhalten. ( Der sich vermehrt immer dann wieder einstellt, wenn sich das Leben in neue Bahnen lenkt: Schule, Ausbildung, Beruf, Partner/Heirat, Kind, Immobilie… :) oder was immer die eigenen Meilensteine im Leben sind bzw. waren)

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  3. Schöner Post, das sollte man sich immer mal wieder vor Augen halten. Grade heutzutage, da man sich durchs Internet so wunderbar mit der gesamten Weltbevölkerung vergleichen kann.

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  4. Hallo!

    Anleitung zum Unglücklichsein „Vergleiche Dich mit anderen“

    Wenn man zufrieden und glücklich sein will, dann sollte man lieber in sich selbst hinein schauen, was man wirklich braucht und will.

    Und das hat gar nichts damit zu tun, was der andere hat und will.

    Super Beitrag!

    lg
    Maria

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  5. Was hilft: Leute sehen, die „alles haben“ und auch nicht glücklich sind. Wenn ein größeres Haus, ein Auto, mehr Gehalt auch nciht glücklich macht, sieht man, dass man das Glück woanders suchen muss.

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  6. Ihr habt natürlich völlig Recht und im Grunde will ich weder haben, was andere haben, noch sein, wie andere sind. Gerade das macht es für mich aber öfter zum Problem. Genau dann, wenn ich damit nicht den Erwartungen entspreche, die andere in mich haben.
    Ich will nicht reich und berühmt werden, will mich nicht über meinen Besitz definieren oder über das, was ich erreicht habe (interessant, auch in diesem Wort steckt „reich“ drin), für mich zählen andere Werte. Es muss mich auch nicht jeder mögen, ich mag ja auch nicht jeden. :P Und ich möchte mich schon gar nicht verbiegen, um anderen zu gefallen, denn dann gefalle ich mir selbst nicht mehr. Aber ich lebe ja nicht im Kloster und die Erwartungshaltung anderer kann schon sehr belastend sein und den inneren Frieden stören. Zumindest empfinde ich es so.

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  7. Es ist einfach, ich bin einmalig und Vergleiche sind mir völlig gleichgültig.
    Das hat aber auch gebraucht ( zeitlich).
    Also – es geht.

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