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Genug! – Mein Weg zum Minimalismus

…ist noch lange nicht abgeschlossen, aber ich denke, ein bisschen was ist schon im Unterbewusstsein angekommen. Ich erzähle euch heute „meine Geschichte“ – bis hierher…

Immer, wenn ich früher von der Arbeit heimkam – an besonders stressigen Tagen gerne noch nach einem kleinen „Frustkauf-Abstecher“ beim Drogeriemarkt meines Vertrauens – schaute ich in meinen Briefkasten – das Highlight des Tages. An den meisten Tagen konnte ich dann irgendein Päckchen beim Nachbar XY abholen, welches ich zumeist montags geordert hatte. Montags war nämlich der große „Was haben die Onlineshops so Neues, was bestellen wir heute?“-Tag meines Lieblingskollegen und mir. In unserer Ausbildung hatten wir zu unserem Leidwesen sonst nicht viel zu tun, jedoch den ganzen Tag unbegrenzten Internet-Zugang und so war das Online-Shoppen eine willkommene Abwechslung. Besonders, nachdem ich irgendwann dann noch die Welt der Blogs entdeckt hatte und ganz neues Fachvokabular lernte – „anfixen“. Damit bezeichnet man die Vorstellung von Produkt XY auf einem Blog und das anschließende „Oh, das muss ich auch haben!“-Kaufbedürfnis des geneigten Lesers. Und mal ehrlich, shoppen und Päckchen bekommen tun wir doch alle gerne! Und so kaufte und kaufte ich.

Doch als das Konto dann irgendwann immer leerer wurde und die Wohnung immer voller wurde das nagende Gefühl in der Bauchgegend dann doch so stark, dass ich beschloss, mir einzugestehen, dass das ganze ungesunde Ausmaße angenommen hatte und ich wohl eines war: kaufsüchtig. Denn zu den Online-Bestellungen gesellten sich auch noch wöchentliche Stadtbummel mit mehr oder minder teurer und sinnvoller Ausbeute. Ich schob das alles auf den Ausbildungsfrust und das mit der Beendigung ebenjener wieder alles besser werden würde…

Nun habe ich die Ausbildung seit 2 Jahren beendet und muss mich demzufolge mit dem Thema auseinandersetzen. Außerdem gibt das Studentenbudget auch gar keine großen Shoppingtouren her, und über zusätzliche Einnahmen durch den Verkauf von unnützem Zeug freut man sich immer ;)

So begann ich dann zuallererst mit dem Aussortieren von Kleidung, Schals und Taschen, die ich über die inzwischen recht bekannte Second-Hand-Plattform kleiderkreisel.de veräußerte. Im dortigen Forum stieß ich dann auf den Minimalisten-Thread und fand viele Gleichgesinnte und  konstruktive Tipps und Hilfe, sodass ich neben den üblichen Konsorten wie eben dem Kleiderschrank viele weitere kleine und große Baustellen entdeckte. Bücher, Deko, Küchenutensilien – wir haben alle so viel und benutzen doch nur einen Bruchteil davon, der Rest verstopft unnötig Schränke und „Leben“. Das mag für jemanden, der sich noch nie damit auseinandergesetzt hat, im ersten Moment sonderbar klingen, aber Besitz kann wirklich belasten und einschränken, denn letzten Endes erfordert ja jedes Teil Aufmerksamkeit und Pflege, muss geputzt, verräumt, gelagert werden. Vieles schätzt man gar nicht mehr wert – wie oft nutzt man die Lieblingstasche schon, wenn man noch 20 andere hat…? Und wozu braucht man überhaupt 20 minderwertige 30-Euro-Taschen, wenn man sich für das Geld ein teures, klassisches Traumteil hätte gönnen können? Qualität statt Quantität ist einer der wichtigsten Punkte, den ich persönlich für mich bisher mitgenommen habe. Mit dem Minimalisieren selbst bin ich noch lange nicht fertig – es gibt immer noch viele Dinge, von denen ich mich nicht trennen kann, und ich kaufe immer noch (zu) gerne ein – aber ich gelobe Besserung, und freue mich, wenn ihr mich auf meinem weiteren Weg begleitet ;)

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  1. Ein wirklich sehr schöner Artikel, der auch ein wenig zum Nachdenken anregt. Ich geb dir eigentlich in allen Punkten recht. Gerade den Satz „..die das Leben verstopfen“ finde ich sehr schön und aussagekräftig. Wir sind einfach schon zu sehr an dieses „Wir wollen es, wir kaufen es uns“ Schema gewöhnt. Alles ist so selbstverständlich. Ich kenne das, dass shoppen auch eine innere Befriedigung sein kann. Doch von exzessiven Shoppingtrips und ausgedehntem Online Shopping hab ich mich schon lange verabschiedet. Ich investiere mein Geld in schöne Momente. Ausflüge, Events, Reisen… das ist das, was für mich momentan zählt. Da fällt es mir dann auch nicht schwer, einen Bogen um H&M und Co zu machen. Und auch ich räume regelmäßig aus und trenne mich von meinem Kram. Es ist einfach alles soooo viel. Manchmal scheint es einen schier zu erdrücken, wenn man erst 5 Schubladen ausräumen muss um irgendwas zu finden. Ich wünschte, ich hätte eine schöne, große Wohnung in der ich alles perfekt organisieren könnte und nicht dieses Gequetsche in meiner 1-Zimmer Bude.

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  2. @Jessica „Ich wünschte, ich hätte eine schöne, große Wohnung in der ich alles perfekt organisieren könnte und nicht dieses Gequetsche in meiner 1-Zimmer Bude.“
    Leider verleitet mehr Platz auch um so mehr dazu, viele Sachen zu horten.
    Wir haben zu viele Sachen und finden dann Lösungen, wie wir die Sachen am besten unterbringen, damit noch mehr in die Kiste, in den Schrank, ins Zimmer und in die Wohnung passt… und wenn die Wohnung voll ist, zieht man in eine größere, damit man mehr Zimmer hat, in die mehr Schränke und mehr Kisten passen…
    Zumindest beobachte ich das bei allen Leuten in meinem Umfeld. Wachstum und Fortschritt sind ja in unseren Köpfen auch sehr positiv besetzt, während Einschränkung und Rückschritt erst mal Unbehagen erzeugen. Daher fällt es wohl auch so schwer zu verinnerlichen, dass es einem wirklich besser damit gehen kann, seinen „Wohlstand“ zu reduzieren statt zu maximieren.

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  3. „Das mag für jemanden, der sich noch nie damit auseinandergesetzt hat, im ersten Moment sonderbar klingen, aber Besitz kann wirklich belasten und einschränken, denn letzten Endes erfordert ja jedes Teil Aufmerksamkeit und Pflege, muss geputzt, verräumt, gelagert werden.“

    Oh ja. Das fällt einem besonders auf, wenn man umzieht – und sich dann plötzlich fragt, wo eigentlich der ganze Kram herkommt, den man die letzten Monate und Jahre so schön vergessen und gar nicht wahrgenommen hat.

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  4. Ich hatte Haus,Auto,Garten….das ganze Gerödel was viele halt auch so haben.Jetzt lebe ich mit 3Kindern auf 55qm,fahre nur noch Fahrrad oder wir gehen zu Fuss.Als ich meine Kids fragte,ob wir nicht doch wieder auf Auto umsteigen sollen und umziehen,verneinten sie und lehnten rigoros ab.Wir sind alle zufriedener als vorher.

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