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Die Stapel in meinem Kopf, oder: Ein bisschen Ursachenforschung

Während ich hier sitze und über diesen Post nachgrübele, gehen in meinem Kopf hundert Schubladen auf. Dinge, die ich noch tun sollte. Dinge, die ich schon immer mal machen wollte. Dinge, die dringend mal erledigt werden müssten. Dinge, die schon seit Monaten auf der langen Bank landen.
Die Literaturrecherche für die Doktorarbeit machen. Die Lavendelbüsche auf der Terrasse zurückschneiden. Die zu lange Hose ändern. Endlich mal die Fenster putzen. Endlich bei der Freundin entschuldigen, die seit zwei Monaten nichts von mir gehört hat. Endlich von dem Gedanken verabschieden, dass man „irgendwann“ mal „alles perfekt geordnet“ haben wird. Mein Hirn, scheint mir, ist genauso vollgestellt wie meine Wohnung.

Mentales Gerümpel stapelt sich in meinem Oberstübchen, fällt übereinander, wenn ich nur den leisesten Blick darauf werfe, und macht sich am liebsten dann bemerkbar, wenn ich es so richtig gar nicht brauchen kann.

Mentales Gerümpel ist meine größte Baustelle.

Ich habe so viele Idee, Pläne, Dinge, die ich gerne mal tun würde. Dummerweise habe ich auch einen Job, eine Doktorarbeit, eine Beziehung, Freunde und Familie und mein soziales Engagement. Darum ist da ständig dieses Gefühl, das etwas zu kurz kommt, dass ich irgendwem oder irgendwas nicht genug Aufmerksamkeit schenke. Und dann gibt es da natürlich auch noch die ganzen Dinge, die ich mal gerne ausprobieren würde, und all das, von dem ich denke, dass es mich glücklich machen sollte, wenn ich es nur endlich so richtig in Angriff nehmen würde.

Aber was ist das eigentlich genau, dieses mentale Gerümpel?

Ein Teil dieses mentalen Gerümpels sind Pläne, von denen ich mich verabschieden sollte, weil ich es schon seit Jahren nicht schaffe, sie in die Tat umzusetzen. Ich müsste mir also eingestehen, dass eine bestimmte, bisher noch mögliche Zukunft nie eintreten wird, weil ich es nicht schaffe, den Weg dorthin einzuschlagen. Das fällt mir schwer, weil ich mich damit auch von einem zukünftigen Ich verabschieden muss, das ich nie sein werde.

Ein anderer Teil meines mentalen Gerümpels hat mit Projekten zu tun, die ich zwar irgendwann begonnen, aber bisher nie zu Ende gebracht habe. Auch hier muss ich mich einerseits von meinem zukünftigen Ich, das – zumindest in meiner Vorstellung – diese Pläne zum Abschluss gebracht hat, verabschieden. Andererseits muss ich aber auch so ehrlich mit mir sein, mir einzugestehen, dass mir besagte Ideen und Projekte offenbar doch nicht so wichtig waren, wie ich ursprünglich mal dachte. Ich muss also eine ehrliche Bestandsaufnahme machen und mein Fantasie-Ich mit meinem realen Ich abgleichen, um zu sehen, wo sich die beiden unterscheiden. An diesen Stellen verstecken sich nämlich die ganzen unvollendeten Projekte.

Das Dumme an diesen beiden Arten von mentalem Gerümpel ist, dass sie sich auch in physischem Gerümpel äußern können. Zum Beispiel dann, wenn man (wie ich) noch massig Material für ein Hobby hortet (in meinem Fall Zeichnen und Malen), für das man schon seit Ewigkeiten nichts mehr getan hat. Manchmal klappt es, sich von den Dingen zu verabschieden, aber meistens bleibt dabei (zumindest bei mir) dieses diffuse „Aber eigentlich würde ich doch schon gerne“-Gefühl zurück, das darauf hindeutet, dass man die dazugehörigen Pläne eben doch noch nicht losgelassen hat.

Weil ich mir vorstelle, dass ich nicht die einzige bin, deren Kopf von mentalem Gerümpel überquillt, dachte ich mir, ich könnte aus meinem Problem eine Challenge machen und Euch an meinem Weg zu weniger Gerümpel im Kopf teilhaben lassen.

Ich will also in Zukunft

  • mich bewusst von fruchtlosen Projekten verabschieden
  • mir Gedanken machen, wie ich Projekte und Ideen loslassen oder wenigstens sinnvoll aufbewahren kann, bis ich dazukomme, mich mit ihnen zu beschäftigen
  • Planungssysteme testen, damit aus meinen diffusen Ideen konkrete Pläne und Ziele werden
  • bewusster entscheiden, womit ich mich beschäftige und nicht (mehr) meine Prioritäten von der Dringlichkeit diktieren lassen
  • Nein- und Ja-Sagen lernen und beides bewusster tun
  • … und ich will hier von all dem berichten.

Dieser Artikel ist von Marie. Sie hat 2014 für die Minimalistenfreun.de geschrieben.

6 Kommentare

  1. Oh, ich mache mit! Ich habe zwar weniger physisches Gerümpel von nicht ausgeführten Plänen, aber der emntale Ballast, das „Ich will aber irgendwann noch“-Gefühl und die Angst, ein mögliches Zukunfts-Ich loszulassen, wie du so schön beschrieben hast, das alles ist schon schwer genug.
    Ich bin gespannt auf die weiteren Beiträge zu dem Thema!

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  2. Die Liste was du in Zukunft machen willst, klaue ich mir auch mal ;)
    Mir geht es auch so mit vielen Baustellen im Kopf. Dinge die ich bis 30 noch gemacht haben will z.b.

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    • Gerne! :) Es gibt natürlich keine Garantie auf Vollständigkeit, aber wenn mir noch was einfällt, wird es einfach in den nächsten Beiträgen ergänzt…

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  3. Sehr toller Beitrag! Ich glaube dieses „ich will es irgendwann machen“ kennt jeder. Mich eingeschlossen! Und mich belastet es auch ein Stück weit immer im Hinterkopf zu haben, was ich ja noch tun möchte, aber doch nie tun werde.

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  4. Pingback: Mentales Gerümpel Teil 2: Die Bestandsaufnahme | Minimalistenfreun.de

  5. Ohja, das dieses fiese FOMO-Gefühl (Fear Of Missing Out) gehört wohl zu unserer Generation ;) Ich starte jetzt auch mal mit einer Projektliste, denn durch das ständige Gewissen was die Diss angeht, bleibt viel zu viel liegen.

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